Slow Travel

Buchrezension zu Dan Kieran`s Reisebuch über die Kunst des (langsamen) Reisens.

“Paul Theroux sagte kürzlich in einem interview mit dem Guardian, man solle am besten alleine reisen. Es gibt sicherlich keine besseren Reisbegleiter als die unausweichlichen Gedanken und Empfindungen der eigenen Seele. (…) Wenn man alleine reist, löst sich die eigene Identität auf, besonders wenn man langsam reist und lange unterwegs ist. (…) Dem Geist steht es frei, in oft vernachlässigte Bereiche des eigene Ichs zu schweifen. Das kann zunächst sehr beunruhigend sein, doch bald fühlt sich der Verzicht (auf Reisebegleitung) sehr angenehm an ( Dan Kieran, Slow Travel 2014, S. 38).“

Slow Travel, von Dan Kieran - ein etwas anderes Reisebuch für alle, die sich gerne abseits des Maintream bewegen ©entdecker-greise.de
Slow Travel, von Dan Kieran – ein etwas anderes Reisebuch für alle, die sich gerne abseits des Maintream bewegen ©entdecker-greise.de

Dan Kieran: Slow Travel – Die Kunst des Reisens
In diesem Reisebuch erhält der Leser tatsächlich Reisetips, die zunächst etwas ungewöhnlich anmuten. Zumindest entsprechen diese nicht dem gängigen Mainstream über das, was man auf Reisen so allgemein tut und beachten sollte. Qualität statt Quantität ist hier das allumfassende Motto. Reisen als Kunst betrachtet wird dabei losgelöst, vom allgemeinen Tenor des „Abhakens“, von Löffellisten oder ähnlichen Konstrukten, die letztlich nur die pervertierte Form wirklicher Er-lebnisse sein können.
Herrlich zu lesen und durchaus anregend, sich der eigenen Motivationen einmal bewusst zu werden und möglicherweise sogar zu ändern.
222 Seiten. ISBN 978-3-453-41797-7. Euro 9,99. Heyne Verlag

Zum Autor
Dan Kieran, geb. 1975, ist ein englischer Reiseschriftsteller, der u. a. für den Guardian, Telegraph, Observer und die britische Times schreibt.

Hintergründe für die Entstehung des Buches
Das Buch „Slow Travel“, über die Kunst des Reisens ist eigentlich aus einer Not heraus entstanden. Der Not des Autors, unter Flugangst zu leiden, gleichermaßen jedoch von dem Wunsch getrieben zu werden, die Welt mit all ihren Abenteuern und Herausforderungen entdecken und erkunden zu wollen. Aus der Not entwickelte sich eine Tugend, die sich derart reflektiert und verfeinert schließlich zu einem ultimativen Ratgeber, über die Kunst des Reisens entwickelt hat. Lesenswert für all jene, die vom Reisen etwas mehr erwarten, als einfach nur Abstand und Ablenkung, vom täglichen Allerlei.

Aufbau … und Inhalte des Buches

Inhalt
Vorwort
Einleitung von Tom Hodgkinson

 

Kapitel 1. Reise nicht nur, um anzukommen
Wer reist um anzukommen, der verpasst womöglich gerade das Beste, nämlich die Reise selbst, so Kieran. Wer schon einmal eine Pilgerreise unternommen hat, der kann diesen Ansatz nur bestätigen, denn in der Regel sind es gerade die anregenden Gespräche und Bekanntschaften „unterwegs“, die eine solche Reise so aufregend sein lassen. Der Weg ist eben doch das Ziel.
Kierans Reisetip Nummer eins kommt also nicht von ungefähr und wird vom Autor interessant aufgearbeitet.

Kapitel 2. Bleib zu Hause
Warum in die Ferne schweifen, sieh das Gute liegt so nah. Oftmals vergessen, und dennoch immer wieder von unschlagbarem Wahrheitsgehalt. Wir müssen keine Fernreisen unternehmen, um Abenteuer zu erleben. Das funktioniert auch sehr gut, gleich vor der eigenen Haustüre, wenn man es denn ebenso angeht wie auf besagten Reisen. Aber keine Angst, in diesem Kapitel finden wir dennoch keine Schmähschriften gegen Fernreisen. Was wir aber finden, sind Anregungen, auch die heimischen Gefilde wieder einmal mit anderen Augen zu betrachten, nämlich mit denen des Entdeckers … spannend!

Kapitel 3. Sei dein eigener Reiseführer
Dem eigenen Bauchgefühl zu folgen, anstatt sich von klassischen Reiseführern und –ratgebern den Weg diktieren zu lassen, kann nie verkehrt sein. Kieran fordert uns genau dazu auf, um nicht Gefahr zu laufen, eine Sehenswürdigkeit nach der anderen abzuhaken, uns möglicherweise sogar unter Zeitdruck zu setzen und über all das den eigentlichen Sinn und Zweck des Reisens zu verfehlen. … Sich treiben zu lassen, von den eigenen Vorlieben und dem eignen Instinkt, so lautet sein Motto. Was für ein herrliches Reisegefühl!

Kapitel 4. Heiße Katastrophen willkommen
Ich muss zugeben, dieses Kapitel ist für mich das Wertvollste, sicherlich weil ich hier mein größter Lernbedarf besteht. Kierans treffendes Zitat von Chesterton lautet in diesem Zusammenhang:
„Eine Unannehmlichkeit ist ein fälschlich betrachtetes Abenteuer. Ein Abenteuer ist nur eine Unannehmlichkeit ins rechte Licht gerückt (Dan Kieran, Slow Travel 2014, S. 111).“
Weiter schreibt er: „Wir alle planen für das Morgen und vernachlässigen dabei das Heute, und das hindert uns daran, im Augenblick zu leben und zu akzeptieren, dass die Welt um uns herum unvollkommen ist (Dan Kieran, Slow Travel 2014, S. 128).“
Annehmen kann demnach unendlich erleichternd sein und selbst augenscheinliche Katastrophen ins Positive verkehren. Somit führt uns Kieran zur Leichtigkeit des Seins und das kann nicht nur für Reisen gelten.

Kapitel 5. Folge deinem Instinkt
Auch in diesem Kapitel findet sich vieles, worüber es sich lohnt einmal nachzudenken. So hat mir persönlich folgende Passage sehr gut gefallen:
„Wenn man sich an fremden Orten und in fremden Kulturen befindet, fühlt man unweigerlich eine stärkere Bindung zu sich selbst, weil die neue Situation das Bewusstsein wachruft. Der unterbewusste Autopilot, der den Alltag erledigt, wird ausgeschaltet, und das Bewusstsein übernimmt die Kontrolle. (….) Hier bietet sich eine hervorragende Gelegenheit, um zu verstehen – und ein für alle Mal zu definieren -, worin der Unterschied zwischen Reisen und Urlaub machen besteht (Dan Kieran, Slow Travel 2014, S. 154-155).“
Wobei auch die Unterschidung zwischen Reisen und Urlaub machen vollkommen wertneutral zu verstehen ist. Wichtig ist einzig die bewusste Entscheidung was von Beidem wir (er)leben möchten.

Kapitel 6. Verliere den Kopf
„Der intuitive Geist ist ein heiliges Geschenk und der rationale Geist ein treuer Diener. Wir haben eine Gesellschaft erschaffen, die den Diener ehrt und das Geschenk vergessen hat (Albert Einstein, in Dan Kieran 2014, S. 167)“
Vielleicht schafft es ja gerade die Kunst des Reisens und die sich hieraus unweigerlich einstellenden Erkenntnisse, wieder eine andere Sicht der Ding zu erhalten und damit, zumindest für uns, Einsteins düstere Wahrnehmung wieder ins Gegenteil zu verkehren.

Kapitel 7. Sei abenteuerlustig
Und wie so oft, kommt auch bei „Slow Travel“ das Beste zum Schluss, so selbsterklärend und simpel, dass dem ganz sicher nichts hinzuzufügen bleibt:
„Wir verwenden viel mehr Zeit darauf, uns Gedanken darüber zu machen, wie wir unsere Lebensdauer verlängern können, anstatt die Qualität unseres Lebens zu verbessern. (…) Im Leben und beim Reisen geht es jedoch nicht um Dauer oder Entfernungen. Es ist die Intensität des Erlebens, die zählt (…). Je mehr man sich darauf einlässt, desto länger wird es einem vorkommen (Dan Kieran 2014, S. 199)“

Epilog
Literatur
Dank
Tauglichkeit für potenzielle Leser
Dan Kierans „Slow Travel“ ist ein Genuss für Individualisten, die eigenen Ansichten und Reiseabenteuer den Mainstream-Erfahrungen der breiten Masse vorziehen. Entschleunigung, Genuss und Lebensqualität sind die Schlagworte, mit denen ich dieses außergewöhnliche Reisebuch belegen würde. Sicherlich eines dieser Bücher die man sich immer wieder mal zur Hand nehmen kann, um auch im eigenen Denken und Handeln auf das Wesentliche zurück zu kommen, in einem Zeitalter, indem sich alles nur noch um Schnelllebigkeit und Kurzweil zu drehen scheint. Vergessen wir also vorgefertigte Löffel- und Bucket-Listen und folgen dem Weg unserer eigenen Wünsche und Ziele, denn erst dann kann und wird Reisen wirklich zum Genuss!

Rezensentin:
Eine Träumerin und Entdeckerin. Eine die niemals aufhören wird, über die Wunder dieser Erde zu staunen und eine die sich der Tatsache bewusst ist, dass die Welt, so wie sie sie sieht, tatsächlich einzigartig ist!

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Entdecken!

 

Weitere Rezensionen findet Ihr beispielsweise hier:

Diese Welt ist einzigartig - genau wie jeder Einzelne von uns! ©entdecker-greise.de25. Februar 2014
von Monika
2 Kommentare

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9 Kommentare

  1. Liebe Monika,

    danke für die Rezension. Ich glaube, als Slow-Travel-Bloggerin muss ich es doch irgendwann selbst mal lesen. 🙂 Aber ich fürchte, dass Dan und ich nicht immer übereinstimmen. Was ja auch nicht weiter schlimm ist! 🙂 Liebe Grüße, Elke

    1. Liebe Elke,
      ich denke auch, dass man nicht in jeder Beziehung übereinstimmen muss – mir reicht es schon immer, mir die eine oder andere Inspiration aus solchen Büchern zu holen … ich riskiere eben gerne auch mal einen anderen Blick 🙂 Dir auch liebe Grüße und ganz viel Spaß bei Deinen tollen Reisen! 🙂

  2. Hallo Monika,
    das Buch klingt sehr inspirierend. Muss ich unbedingt bald lesen!
    Was ich auf alle Fälle bestätigen kann ist Kapitel 4 – Katastrophen willlkommen heißen. Wir waren vor ein paar Jahren in den USA als gerade Government Shutdown war – d.h. alle Nationalparks waren über Wochen geschlossen. Unsere Pläne wurden total über den Haufen geworfen. Die Abenteuer, die wir dadurch ganz spontan erlebt haben (Kanu fahren auf dem Colorado, Wanderung zu den Havasu Falls,…) waren vielleicht eindrücklicher als wenn wir stur unseren Plan durchgezogen hätten.
    Viele Grüße
    Biene

    1. Ja liebe Biene, ich merke auch immer wieder wie wichtig und wie genial es ist, sich einfach vertrauensvoll treiben zu lassen. Irgendwie wandelt sich dann immer wieder ganz von alleine alles zum Besten und mit ganz viel Glück wird es dann noch toller als mit der ursprünglichen Planung! LG Monika

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